Autopsien des Alltäglichen
Donnerstag, 9. Februar 2012
Und nun einmal etwas Ernstes
Echt jetzt. Nach den ganzen Blödeleien der letzten Monate ist mir beim Kommentieren in einem anderen Blog ein Link ans Herz gelegt worden. Warnung! Man muss erstens des Englischen mächtig sein und zweitens gut 80 Minuten Zeit aufwenden können.

Aber dieser Link zeigt mir mal wieder, dass, überraschenderweise, auch in den Vereinigten Staaten Menschen leben, die sich Gedanken über die Zukunft machen und nicht komplett patriotisiert sind. Und bestätigt mich bei meiner eigenen Urteilsfindung, die ebenso mathematisch begründet ist.

Mir war und ist es schon lange suspekt, dass die Wirtschaft nur funktioniert, wenn es Wachstum gibt. Ein Satz, den man dauernd eingetrichtert bekommt. Umsatzsteigerung. Auch hier, in der echten Pathologie, wird Umsatzsteigerung angestrebt. Mehr verdienen als letztes Jahr, mehr Umsatz machen. Nur nicht ein Nullwachstum durchmachen. Mit der entsprechenden Konsequenz für die Mitarbeiter: mehr Arbeit bei fast gleichem Lohn. Nur: irgendwann sind die Kapazitäten der Mitarbeiter erschöpft, da bringt auch eine Lohnerhöhung nichts mehr. Und wenn ich ins produzierende Gewerbe schaue: da sind es die Kapazitätsgrenzen der Maschinen. Neue Maschinen, die mehr produzieren zum gleichen Preis? Schön und gut, aber wer soll diese Mehrproduktion kaufen? Und wie hält man den Preis, wenn man über Bedarf produziert?

Ich bin ja der Meinung, eine Firma sollte anstreben, lediglich für jeden Menschen in ihrem Einzugsbereich ein Produkt, dafür aber nachhaltig und langlebig, zu produzieren. Das ist in gewisser Weise eine Planwirtschaft, ja, aber auch sinnvoll. Diese ganze Geschichte mit geplanter Obszoleszenz etwa ist eine riesige Ressourcenverschwendung. Oder auch das vom Marketing aufoktroierte: ih, sie haben da ja noch ein altes Modell vom letzten Jahr... Klar ist es toll, mit dem neuesten Automodell durch die Gegend zu kurven. Aber ist es wirklich so, dass man sich nach drei oder fünf Jahren daran sattgesehen hat? Oder wird einem das nicht eher durch die Werbung eingeimpft? Immerhin, es gibt viele „Ewiggestrige“, die sich in Sachen Auto etwa einen Oldtimer halten, die einen als Sammler, die anderen aus rein finanziellen Gründen, da ihnen das Geld zum Neuwagenkauf fehlt.

Nicht nur das Auto, auch das Mobiltelefon, Schuhe, Kleidung, Brillen, Frisuren: alles wird einer Mode, einem Trend unterworfen. Wer „in“ sein will, muss diese Trends mitmachen. Bewährtes wegwerfen (oder irgendwo aufheben) und Neues kaufen. Umsatz, das ist, was zählt. Und damit verbunden der Verbrauch an Ressourcen. Mit Schrecken denke ich daran, was auf uns zu kommen wird. All die neuen Technologien beispielsweise für die Energieerzeugung, wenn einmal das letzte Öl, die letzte Kohle in einem Kraftwerk verheizt wurde: Windräder und Wasserturbinen, deren Lagerstellen geschmiert werden müssen. Doch womit? Photovoltaik, für deren Herstellung Erdöl und Energie benötigt werden. Und dann die Gerätschaften, die das Leben leichter machen, aber von Energie abhängig sind: Wasserwerke beispielsweise. Denn wieviele Menschen können sich einen eigenen Brunnen leisten, und wenn, wie pumpen sie das Wasser nach oben ins Haus, in die Wohnung?

In Zukunft werden sich die Prioritäten für Reichtum verschieben. Heutzutage ist reich, wer sich diverse Urlaube, schicke Autos und große Häuser leisten kann. In Zukunft ist jemand reich, der sich eine geheizte Behausung und fließend Wasser leisten kann. Die Menschheit wird nicht mehr, wie von der Bundesregierung propagiert, mobil den Arbeitsstellen hinterherreisen, die Menschheit wird wieder sehr stationär werden. Reisen über Land? Ich denke, die Postkutschen werden wiederkommen und Pferdefuhrwerke. Altes Wissen wird wieder gefragt sein, manuelle Tätigkeiten wie Schuhmacher und Schneider eine Renaissance erleben. Und aus diesen Gründen finde ich es gar nicht mal so schlimm, wenn ich die Schlagzeilen lese, die besagen, dass die Deutschen aussterben werden. Denn irgendwie muss man ja den Markt bedienen können, der sich da bilden wird. Und das geht nur, wenn weniger Menschen da sind.

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