Autopsien des Alltäglichen
Mittwoch, 2. September 2015
Septemberbeitrag
Einmal im Monat, so die Bitte von Frau Sid, möge ich doch bitte etwas veröffentlichen. Nun gut, so versuche ich, dieser Bitte nachzukommen.

Saudisches Fahrverhalten

Begibt man sich in fremde Länder, so muss man sich dort den Gegebenheiten anpassen. Dies gilt für Thüringen, Großbritannien, Italien, und auch Saudi-Arabien. Speziell im Straßenverkehr, so man denn selbst fährt, ist erhöhte Aufmerksamkeit gefordert. Nicht in jedem Land gibt es Regeln, und in noch weniger Ländern werden diese auch befolgt.

Saudi-Arabien hat seine Infrastruktur bei den Amerikanern abgeschaut. Breite Straßen durchziehen die Städte schachbrettartig, die Hauptverbindungsstraßen innerstädtisch sind drei-, manchmal sogar vierspurig ausgebaut. Nun muss man aber wissen, dass es wohl ungeschriebene Gesetze gibt, die überall auf der Welt gelten.

Beispielsweise das in Deutschland auf Autobahnen übliche Freilassen der rechten Fahrspur, da ja dort irgendwann ein langsamer LKW fahren könnte. Dies gilt in Saudi ebenfalls innerstädtisch. Die rechte Fahrspur dient hier hauptsächlich dazu, den Vorderwagen des aus der Seitenstraße kommenden aufzunehmen. Bereits halb auf der Fahrbahn, wird kurz angehalten (wenn überhaupt), um dann zügig auf die mittlere Spur einzubiegen. Diese Spur wird auch zum Parken in zweiter Reihe benutzt. Wenn man schnell was einkaufen möchte und dazu das Fahrzeug mit laufendem Motor abstellt. Schließlich soll ja die Klimaanlage weiterlaufen. Und bei Bernzinpreisen, bei denen eine Tankfüllung umgerechnet etwa 5 bis 6 € kostet, ist das auch kein Problem. Nur Anfänger, Ausländer und Saudis, die mit 100 in der Stadt überholen wollen, benutzen diese Spur.

Ampeln

Ja, auch in Saudi-Arabien gibt es Ampeln. Geschaltet nach dem amerikanischen Prinzip, direkt von rot nach grün. Rückwärts geht es von grün über gelb nach rot. Ampeln, die nicht mit Rotlichtkameras ausgestattet sind, werden in Saudi übrigens nur als Empfehlung betrachtet. Da man an roten Ampeln sowieso rechts abbiegen darf, wird an diesen der rechte Fahrstreifen für die Rechtsabbieger freigehalten. Wir erinnern uns: Benutzung nur für die "A"-Fahrer: Anfänger, Ausländer, Arschlöcher. Aber ansonsten ist alles erlaubt.
Beispielsweise dies:

Der Fahrer des Pick-up kam von hinten und sah, dass die rechte Spur frei war. Er fuhr also bis ganz vorne hin und stellte sich dann vor der Ampellinie quer vor die ersten Fahrzeuge. Dass er die Ampel nicht sehen kann, ist dabei nur von minderer Bedeutung für ihn, schließlich haben die haltenden Fahrzeuge ja Hupen, die sie benutzen, wenn die Ampel grün wird.

Wobei: generell fahren Saudis so, als ob ihren Frauen gerade die Fruchtblase geplatzt sei. Rasen, drängeln, Regeln missachten, alles gehört dazu. Und dann stehen sie an der roten Ampel und spielen mit ihrem Smartphone weiter. Weiter? Ja, denn bereits während der Fahrt sieht man sie sich mehr mit dem Smartphone als mit dem Auto und dem Verkehr befassen. Ich sah Saudis, die sich während der Fahrt auf ihrem Smartphone Filme ansahen, erkennbar daran, dass ihr Fahrzeug über die gesamte Spurbreite Schlangenlinien fuhr. Nun haben die Saudis die Fahrbahnmarkierungen mit so kleinen Pöppeln aufgewertet, da hört und spürt man jeden Fahrspurwechsel. Das macht es natürlich leichter, während einer spannenden Szene gegenzulenken und zur anderen Seite der Fahrspur zu schwenken.
Wie gesagt, an der Ampel wird weiter Smartphone gespielt. Und dann passiert es, dass die Ampel auf grün springt und sich die nächsten 5 Sekunden nichts tut. Keiner fährt los. Bis dann schließlich weiter hinten jemand hupt. So. Im Gegensatz zum üblichen Gerase wird dann aber in einer Geschwindigkeit losgefahren, dass man beim Automatikgetriebe nach lösen der Fußbremse im Standgas trotzdem noch ein paar mal auf die Bremse tippen muss, um dem Vordermann nicht reinzufahren.

Ampeln, die zweite.

Stellen Sie sich eine Kreuzung von zwei dreispurigen Straßen (in jede Richtung, insgesamt also sechs Fahrspuren) vor. Zusätzlich gibt es eine vierte Spur für Linksabbieger. Nun ist es in Saudi-Arabien so, dass die Benutzung von Blinkern wohl nur Anglern erlaubt ist, Autofahrer haben zu diesem Teil des Fahrzeuges noch keinen rechten Zugang gefunden. Es stehen an der Ampel nun drei (wir erinnern uns: rechte Spur für Rotrechtsabbieger) oder vier (ignorieren das Rechtsabbiegen) Schlangen von Autos. Dann springt die Ampel auf grün. Und sämtliche möglichen und unmöglichen Kombinationen sind zu sehen. Diese wären:
1) Alle vier Spuren fahren geradeaus. Möglich, aber nur selten der Fall.
2) Die Linksabbieger biegen links ab oder machen U-Turns, die anderen 3 Fahrspuren fahren geradeaus. Wäre der Idealfall, der kaum eintritt.
3) Der Fahrer auf der Linksabbiegerspur entscheidet sich, dass er, blinkerlos, rechts abbiegen möchte und tut dies auch. Ohne zu warten, ohne Rücksicht. Er blockt damit den Geradeausdrang der anderen drei Spuren ab. Oft genug gesehen.
4) Der Fahrer auf der Linksabbiegerspur fährt geradeaus, der Fahrer rechts von ihm biegt ohne zu blinken links ab. Es wird ein bisschen gebremst und gehupt, der Verkehr nach hinten stockt, aber dann geht es weiter. Mal eine Spur, mal zwei oder drei Spuren biegen gleichzeitig links ab, dann wieder welche, die geradeaus fahren. Das ist eigentlich Standardprogramm.

Immer noch Ampeln

Dass die Farbregelung nur Makulatur ist, zeigt sich auch daran, dass der Saudi per se es nicht leiden kann, wenn neben ihm ein Auto auf gleicher Höhe steht. Er zieht sein Fahrzeug also vor. Soweit, dass er dann irgendwann fünf Meter vor der Ampel halb auf der Kreuzung steht. Entweder wartet er dann auf das Hupkonzert hinter ihm, dass ihm suggeriert, die Ampel zeige nun grün. Oder er schaut, ob ein Auto von rechts oder links kommt, und fährt dann weiter.

Mal schauen, ob ich das als Serie fortsetze. Jetzt ist aber erst mal gut für September.

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